Bewerber entwickeln immer höhere Ansprüche, wenn es um den Bewerbungsprozess geht. Das stellt Recruiter in Deutschland vor große Probleme: Bereits kleinste Details des Prozesses sorgen dafür, dass Kandidaten in Scharen ihre Bewerbung abbrechen. Doch nicht nur das. Denn aufgrund des stetig zunehmenden Fachkräftemangels sind es vor allem die Talente, die als erste ihre Bewerbung zurückziehen oder sich gar nicht erst bewerben.
Um diesem gewaltigen Problem entgegenzutreten, versuchen Unternehmen weltweit ihre Candidate Journey zu verbessern. Das erklärte Ziel: Eine möglichst positive Candidate Experience schaffen. Damit Ihr Unternehmen in dem Rennen um die beste Candidate Experience nicht auf der Strecke bleibt, lesen Sie in diesem Artikel, was die Candidate Journey eigentlich ist. Erfahren Sie jetzt, was ihre sechs Phasen sind und was Sie für zahlreiche zufriedene Bewerber machen können!
Was ist die Candidate Journey?
Die Candidate Journey beschreibt den Bewerbungs- und Auswahlprozess aus Sicht des Bewerbers. Wie gut oder schlecht dieser erlebt wird, zeigt sich in der Candidate Experience. Eine positive Candidate Experience bedeutet, dass Bewerber die Candidate Journey angenehm erlebt haben. Eine negative Candidate Experience geht aus schlechten Erfahrungen während der Bewerbung hervor.
Was ist also alles Bestandteil dieser Reise?
Die 6 Phasen der Candidate Journey
Die Journey beginnt in dem Moment, wo ein Kandidat sich auf Jobsuche begibt und auf ein Stellenangebot trifft. Hier informiert sich der Kandidat. Weitere Phasen sind das Einreichen der Bewerbung und die Teilnahme an Auswahlverfahren. Eigentlich endet der Bewerbungsprozess danach mit der Übermittlung des Auswahl-Ergebnisses, also der Zu- oder Absage.
Trotzdem beinhaltet die Candidate Journey neben der Candidate Experience auch Teile der Employee Experience – also die Erfahrungen, die der Kandidat macht, sobald er angestellt ist. Warum ist das so? Weil während der Candidate Journey Erwartungen bezüglich der Arbeit geweckt werden. Wenn Sie beispielsweise in der Stellenausschreibung vom angenehmen Arbeitsklima schreiben, muss der frisch Angestellte genau dieses erleben.
Das Wecken und Erfüllen von Erwartungen ist der wichtigste Teil, die Essenz einer guten Candidate Journey! Sie endet nicht mit der Einstellung von Kandidaten, sondern mit der Bindung von Mitarbeitern.
Lassen Sie uns die einzelnen Phasen im Detail betrachten.
Phase 1: Orientierung und Jobsuche
Den Anfang einer jeden Candidate Journey bildet ein Gedanke. Dieser Gedanke ist die Idee des Kandidaten, sich bei Ihrem Unternehmen zu bewerben. Folgende Fragen gilt es daher zu beantworten:
- Wie pflanzen Sie den gewünschten Bewerbern diesen Gedanken ein?
- Wie schaffen Sie es, dass die Idee sich zu einer Handlung entwickelt – zu einer Bewerbung?
Das sind die Grundüberlegungen der ersten Phase der Candidate Journey. Zur Beantwortung der Fragen begeben wir uns in den Bereich des Marketings und wenden die AIDA-Formel an.
Attention (Aufmerksamkeit)
Interest (Interesse)
Desire (Verlangen)
Action (Aktion)
Im ersten Schritt müssen Sie dafür sorgen, dass der Kandidat überhaupt weiß, dass Sie eine freie Stelle haben. Oder noch besser: Dass Sie ihn suchen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, von denen die am häufigsten genutzten die folgenden sind:
- Stellenanzeigen
- Bei Online-Jobbörsen
- Auf Social Media-Plattformen
- Auf der eigenen Karriereseite
- (In Zeitungen)
- Active Sourcing
- In sozialen Medien
- Auf Karrieremessen
- Mitarbeiter werben Mitarbeiter
Sie sprechen einen Kandidaten also entweder aktiv oder aber passiv durch Anzeigen an. Damit erregen Sie seine Aufmerksamkeit.
Sein Interesse wecken Sie mit der Art der Ansprache, indem Sie an das appellieren, was den Kandidaten interessiert. Das ist in erster Linie ein Job, der seinen Fähigkeiten entspricht. Zusätzlich sind es Merkmale wie:
- ein attraktives Gehalt
- ein angenehmes Arbeitsumfeld
- passende Wertevorstellungen
- Aufstiegsmöglichkeiten
- und viele weitere,
die je nach Klientel Interesse wecken und ein Verlangen danach auslösen. Dieses Verlangen sollte verstärkt werden, wenn der Kandidat sich weitergehend über das Unternehmen und die Stelle informiert. Alles richtig gemacht haben Sie, wenn er dann sagt: „Ich will diesen Job!“
Denn nur dann lösen Sie die gewünschte Handlung aus – die Bewerbung.
Zusammengefasst: Darum geht es in der ersten Phase der Candidate Journey
- Dem Kandidaten ein Interesse weckendes Stellenangebot machen.
- Dem Kandidaten alle gewünschten Informationen zur Verfügung stellen.
- Den Kandidaten mit attraktiven (Internet-)Auftritten zu einer Bewerbung bewegen.
Phase 2: Übermittlung der Bewerbung
An diesem Punkt seiner Reise will sich der Kandidat bewerben. Ihr Job ist es, dafür zu sorgen, dass er das möglichst einfach und schnell tun kann. Kann er das nicht, kommt es schnell zum Bewerbungsabbruch oder zumindest zu einer schlechten Candidate Experience.
Es gilt also,
- verschiedene Wege für eine Bewerbung bereitzustellen,
- über den Bewerbungsablauf genau zu informieren und
- die Bewerbungswege möglichst unkompliziert zu gestalten.
Die üblichen Wege sind die folgenden:
- Per Post
- Als E-Mail
- Per Online-Bewerbungsportal/ -formular
- Als One-Click Bewerbung
Die Vor- und Nachteile der einzelnen Möglichkeiten zeigen wir Ihnen im speziellen Guide zu Bewerbungswegen.
Phase 3: Teilnahme an Auswahlverfahren
Sie haben die Bewerbung erhalten. Die jetzt anstehende Phase hat den größten Einfluss auf die Candidate Experience. Zwischen allen Bewerbungen müssen Sie sich entscheiden, wen Sie zu weiteren Auswahlrunden einladen und wen nicht. Daraufhin müssen Sie die Kandidaten genau kennenlernen und die besten auswählen. Doch wie können Sie diese Auswahl treffen? Besonders beliebt sind diese Wege:
- Automatische Vorauswahl
- (Online-)Tests
- Bewerbungsgespräch
- persönlich
- per Telefon
- per Video
- Assessment-Center
Hier kommt die Candidate Journey ins Spiel. Denn Bewerbern ist bezüglich der Auswahlverfahren einiges wichtig. Diese sollten
- schnell
- unkompliziert
- transparent
- und relevant für den Job
sein. Demnach sind einige der Verfahren grundsätzlich beliebter als andere. Welche das sind und wie Sie in dieser Phase die Candidate Experience optimieren, erfahren Sie im Artikel „Personalauswahlverfahren: Diese Verfahren lieben Bewerber“.
Phase 4: Entscheidung und Ergebniskommunikation
Auf Basis der Auswahlverfahren treffen Sie jetzt Ihre Entscheidung. Die Frage danach, welche Entscheidung Sie treffen, ist vor allem für Ihr Unternehmen von Bedeutung. Für die Candidate Experience hingegen ist – unabhängig von Zu- oder Absage – das Wie der Entscheidungskommunikation wichtig. Diese gilt es in dieser Phase deshalb so zu optimieren, dass selbst abgelehnte Bewerber es nicht bereuen, sich beworben zu haben.
Phase 5 und 6: Onboarding und Bindung
Im Grunde ist die Candidate Journey jetzt abgeschlossen. Die abgelehnten Bewerber wurden informiert, die angenommenen können anfangen zu arbeiten. Doch gerade hier lauert das größte Fettnäpfchen der gesamten Recruitings. Denn die Employee Experience wird maßgeblich davon beeinflusst, welche Erwartungen Sie während der vorangegangenen vier Phasen geweckt haben.
Wenn diese jetzt nicht erfüllt werden, hat das teils drastische Konsequenzen. Sobald Sie Versprechungen nicht einhalten können, sinkt fast immer die Arbeitsleistung und -motivation. In vielen Fällen denken die Mitarbeiter sogar darüber nach, zu kündigen – und häufig machen sie es auch.
Die Herausforderung ist also vor allem, den Arbeitsalltag so angenehm wie möglich zu gestalten – oder zumindest so, wie Sie es ausschreiben.
Was sind die Ziele und Potenziale der Candidate Journey?
Wenn Unternehmen sich daran machen, ihre Candidate Journey zu optimieren, ist das Hauptziel natürlich nicht nur, den Bewerbern einen Gefallen zu tun. Was soll zusätzlich bewirkt werden?
Erst einmal das Offensichtliche: Weniger Bewerbungsabbrüche. Kandidaten brechen die Bewerbung aus den unterschiedlichsten Gründen ab, vor allem aber, wenn es nicht schnell genug geht. Wenn Sie den Prozess auf diese Aspekte hin optimieren, sind mehr Bewerber dazu bereit, den Prozess bis zum Ende hin durchzuziehen. Somit können Sie am Ende aus mehr Bewerbungen auswählen und haben eine höhere Chance, Mitarbeiter einzustellen, die Ihr Unternehmen effektiv voranbringen (mehr A-Kandidaten).
Ein weiteres Ziel ist Bindung: Die zukünftigen Mitarbeiter sollen bereits im Bewerbungsprozess durch eine gute Behandlung und das Gefühl der Wertschätzung an das Unternehmen gebunden werden. Denn: Die größte Fluktuation in der Belegschaft entsteht in den ersten Monaten der Anstellung. Um diese Risiko-Zeit zu überstehen, sollten die neuen Mitarbeiter schnell integriert und gebunden werden.
Das Gefühl der Wertschätzung ist auch für das letzte Ziel enorm wichtig. Denn bei schlechter Candidate Experience ist es sehr wahrscheinlich, dass Kandidaten ihre negativen Erfahrungen mit Freunden und über das Internet auch mit der restlichen Welt teilen. Bei Bewertungsportalen kann das Ihren künftigen Rekrutierungs-Bemühungen gewaltig schaden. Denn diese sind in der Regel die erste Anlaufstelle von Kandidaten, um sich über ein Unternehmen zu informieren.
Mit einer positiven Candidate Experience helfen Ihnen die Meinungsberichte hingegen dabei, in Zukunft neue Mitarbeiter für sich zu gewinnen.
Also: Weniger Bewerbungsabbrüche, motiviertere Mitarbeiter und mehr Bewerbungen – das ist das Potenzial einer guten Candidate Journey. Erfahren Sie mehr zu den Chancen und Risiken.
Wie können Sie Ihre Candidate Journey verbessern?
Es gibt zahlreiche Ansätze, mit denen Sie für eine positivere Candidate Experience sorgen können. Zwei grundlegende Wege stechen hierbei besonders heraus.
1. Bewerber wollen informiert werden! Geben Sie den Kandidaten deshalb vor, während und nach jeder Phase Auskunft über
- den Ablauf der kommenden Phase
- den Status der aktuellen Phase
- das Ergebnis des Auswahlverfahrens.
Dies zeigt den Bewerbern, dass Sie sie wertschätzen. Und das ist für die Candidate Experience unbezahlbar.
2. Den Bewerbungsprozess so schnell und einfach wie möglich gestalten. Wenn Kandidaten auf Jobsuche sind, wollen sie das bald hinter sich bringen. Der gesamte Prozess sollte deshalb nicht länger als vier bis maximal sechs Wochen dauern. Spätestens dann sollte der Kandidat die Zu- oder Absage erhalten.
Wie Sie das selbst mit begrenzten Ressourcen erreichen können? Mit dem Bewerbermanagement-System Vitapio! Diese Software-Lösung ermöglicht es Ihnen, selbst große Mengen an Bewerbungen schnell und effizient zu verwalten.
Lesen Sie fünf Wege nach, mit denen Sie Ihre Candidate Journey sofort verbessern können.